Dungeon-Crawl: Spaziergang oder Expedition?

Dungeon-Crawl: Spaziergang oder Expedition?

Ein Dungeon-Crawl lebt nicht nur von Monstern und Schätzen. Die Orientierung in der Finsternis und der Verbrauch von Fackeln und Lampenöl können ebenfalls wesentliche Elemente des Spiels sein.

Einer der wichtigsten Punkte ist die Frage der Orientierung: Zeichnen die Spieler die Karte selbst, oder bekommen sie eine vom SL vorgelegt. Ersteres erfordert Übung, damit es den Spielfluss nicht unnötig verzögert. Letzteres raubt dem Spiel das Expeditionsfeeling, wenn die Anlage des Dungeons von Anfang an klar ist. Bei Online-Runden stellt sich das Problem nicht. Diverse Plattformen bieten ein Fog-of-War-System, bei dem der SL Schritt für Schritt den Dungeon aufdeckt.

Eine weitere wichtige Entscheidung, die maßgeblich zur Stimmung während des Dungeon-Runs beiträgt: Wie handhabt die Spielergruppe Dinge wie Traglast und Licht? Am einfachsten für alle Beteiligten ist davon auszugehen, dass die SC immer genügend Fackeln und Lampenöl mit sich führen und der SL nur dann einen Blick auf die Traglast wirft, wenn ein SC ganz offensichtlich schwer überladen ist.

Doch diese wenig aufwändige Spielvariante geht meist ebenso auf Kosten des Expeditionsfeelings. Lässt man sich ein Stück weit auf Mikro-Management ein, kann das Spiel an Spannung und Spieltiefe gewinnen. 

Prey by Mariela Schöffmann

 

Runden zählen, aber wie?

 
Eine Fackel brennt vielleicht eine Stunde, eine Öllampe bedeutend länger. Doch was, wenn die letzte Fackel erlischt, oder die Lampe zerbricht? Dann stehen die SC in völliger Dunkelheit (sofern sie nicht über Nachtsicht verfügen). Eine interessante Spielsituation und äußerst gefährlich für die SC, die quasi blind durch eine feindliche Umgebung stolpern.

Der Spielleiter könnte in so einem Fall die (gezeichnete oder vorgelegte) Karte einziehen. Die SC tasten sich nun an den Wänden entlang vorwärts. Glücklich jene Spieler, die sich den Verlauf der Gänge in etwa gemerkt haben und rasch zurück ans Tageslicht finden. Für die anderen kann diese Situation leicht in einen Todesmarsch eskalieren. Kämpfe, auch gegen einfache Gegner, sind wegen der “Blindheit” der SC aussichtlos. Wie viel Wasser und Nahrung führen sie mit sich? Wie lange dauert es, bis sie verdursten?

Episoden wie diese machen Dungeon-Expeditionen noch einmal spannender und gefährlicher. Doch dazu muss gewährleistet sein, dass Fackeln, Lampenöl und der Inhalt von Wasserflaschen und Proviantbeutel nicht nur exakt verzeichnet, sondern auch ihr Verbrauch dokumentiert wird. Das kann auf unterschiedliche Weise geschehen. Das D&D Players Handbook von 1978 schlägt vor, die Zeit bei einem Dungeon-Run in Runden (Turns) zu unterteilen, wobei eine Runde einer Dauer von zehn Minuten entspricht. Eine Fackel wäre daher nach sechs Spielrunden heruntergebrannt.

Je nach dem, ob die SC schleichen, gehen oder laufen, können sie innerhalb der zehn Minuten eine bestimmte Strecke im Dungeon zurücklegen. Die verstrichene Zeit lässt sich daher anhand der zurückgelegten Wegstrecke messen. Manche Spielergruppen zählen die Runden mithilfe von Markern, was auch den Vorteil hat, dass die verstrichene Zeit für jeden am Tisch sichtbar wird.

Es mag Gruppen geben, für die das Zählen von Runden auf diese oder andere Weise gut funktioniert. Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass es das in den seltesten Fällen tut. So sehr ich es schätze, Traglast und Licht mitzudenken, so wenig hab ich mich mit dem Rundenzählen anfreunden können. Für den Spielleiter ist es eine zusätzliche (lästige) Aufgabe und auch wenn es ein Spieler übernimmt, passiert es immer wieder, dass auf das Zählen vergessen wird, weil so viel anderes geschieht, dass die Aufmerksamkeit fesselt.

Eine Möglichkeit ist daher, die Lichtfrage locker zu handhaben: Zunächst erhält jede Lichtquelle eine bestimmte Anzahl an Lichtpunkten. Eine Kerze wenige, eine Fackel mehr, die Öllampe am meisten. Jedes Mal, wenn ein Spieler eine Probe ablegt (Kraft-Probe, Schloss öffnen, Suchen nach Fallen, …) reduzierte sich automatisch die Brenndauer aller aktiven Lichtquellen um 1 Punkt. Je öfter daher eine Probe wiederholt werden musste, desto mehr Licht wird verbraucht.

Das ist zwar keine realistische Simulation, nach der die Lichtquellen sich kontinuierlich verbrauchen müssten und nicht nur, wenn Proben abgelegt werden. Aber wenn einmal verinnerlicht wurde, dass jede Probe 1 Lichtpunkt kostet, vergisst man nicht mehr so einfach darauf.

Ein weiterer Vorteil: Es ist plötzlich nicht mehr bedeutungslos, ob der SC eine Probe beim ersten oder beim x-ten Mal schafft, da jeder Patzer zusätzlichen Lichtverlust bedeutete.

Traglast leicht gemacht

 
Auch beim Verwalten der Traglast gibt es unterschiedliche Zugänge. Dem Regelwerk von LotFP folgend, zählt nicht das Gewicht des einzelnen Gegenstandes, sondern nur die Anzahl. Jeder SC kann zehn Gegenstände tragen, sind es mehr, erhält er Belastungspunkte. Eine Kettenrüstung erhöht die Traglast um 1 Punkt, eine Plattenrüstung um 2, usw.

Abhängig von seiner Traglast verliert der SC Bewegungspunkte. Will die Gruppe vor einem übermächtigen Gegner fliehen, vergleicht der SL den Bewegungswert der einzelnen SC mit jenem des Monsters. Wer zu langsam ist, kann entweder Ausrüstung (Schätze) abwerfen, oder muss sich dem Kampf stellen.

Es braucht also nicht zwingend eine aufwändige Buchhaltung, um den Verbrauch von Lichtquellen und die Traglast zu simulieren. Vorausgesetzt die Spielergruppe möchte mit weniger Realismus zugunsten einfacherer Spielregeln leben.

Wie handhabt ihr eure Dungeon-Expeditionen, wieviel Realismus ist euch wichtig?