Karten zu zeichnen war in den frühen Mega-Dungeons eine der wichtigsten Aufgaben der Spieler. Heute ersetzen vorgefertigte Karten und diverse Online-Tools Papier und Bleistift.
Doch ist das Kartenzeichnen tatsächlich eine mühsame und daher weitgehend ausgesetzte Aufgabe aus den frühen D&D Tagen, oder kann es das Spiel bereichern?
Tom Moldvays Basic Rulebook von 1981 erläutert die Aufgabe des Kartografen
Die erste Beschreibung der Spielerrolle Kartograf (Mapper) findet sich in den Basic Rules von Eric Holmes. In der 2. Auflage von 1978 steht auf Seite 39 zu lesen:
One player should map the dungeon from the Dungeon Master's descriptions as the game progresses. This is easiest done if he uses a piece of graph paper marked North, East, South, West with the entrance to the dungeon level drawn near the center.
Doch der Kartograf war nicht nur Spieler-, sondern immer auch Charakterrolle. Holmes empfiehlt, dass der Mapper, gemeinsam mit dem Caller, die Gruppe im Dungeon anführen sollte. Und Tom Moldvay weist im Basic Rulebook 1981 darauf hin, dass Zeichnen nicht möglich sei, wenn die Figur des Kartografen sich (auf der Flucht) laufend durch den Dungeon bewegt.
Das bedeutet, die vom Spieler angefertigte Karte war gleichzeitig ein in-game Artefakt. Stürzte der Kartograf in ein bodenloses Loch, oder verglühte die Karte in einem Feuerball, kassierte der SL die Kartenskizze ein und die Spieler mussten eine neue Karte zeichnen.
Das bedeutet, die vom Spieler angefertigte Karte war gleichzeitig ein in-game Artefakt. Stürzte der Kartograf in ein bodenloses Loch, oder verglühte die Karte in einem Feuerball, kassierte der SL die Kartenskizze ein und die Spieler mussten eine neue Karte zeichnen.
Kartenzeichnen (nicht) leicht gemacht
In den Mega-Dungeons von D&D war das Zeichnen von Karten eine Herausforderung, die die Spieler meistern mussten, um in den Labyrinthen nicht verloren zu gehen. Die Dungeons waren chaotisch mit seltsam geformten Räumen, diagonalen Tunneln, Auf- und Abgängen, die Ebenen überspringen, und zahlreichen Teleportern.
In der ersten Ausgabe des D&D Regelwerkes von 1974, Band 3, "The Underworld and Wilderness Adventures", gibt Gary Gygax Tipps für den Aufbau eines Dungeons. Er empfiehlt, die Karten möglichst kompliziert zu gestalten, um dem Kartografen die Arbeit zu erschweren. In der Legende zu einem Beispiel-Dungeon vermerkt er unter Punkt 3:
In der ersten Ausgabe des D&D Regelwerkes von 1974, Band 3, "The Underworld and Wilderness Adventures", gibt Gary Gygax Tipps für den Aufbau eines Dungeons. Er empfiehlt, die Karten möglichst kompliziert zu gestalten, um dem Kartografen die Arbeit zu erschweren. In der Legende zu einem Beispiel-Dungeon vermerkt er unter Punkt 3:
This area simply illustrates the use of slanting passages to help prevent players from accurately mapping a level (exact deviation from cardinal points is quite difficult from them to ascertain.)
Und unter Punkt 7:
This is the nexus for a modular section which will revolve at random periods. Although the passages north, south, etc. will always remain the same, the areas 10' x 20' beyond will be different at various times. Again, this will frustrate those setting out to map a level.
Damit nicht genug, empfiehlt Gygax im selben Band unter "Maintaining Freshness" den Dungeon nach jedem Besuch zu verändern:
1. Make minor alterations with eraser and pencil, blocking passages, making new ones, dividing rooms, and filling in others.2. Extend the boundaries of the map, if not already filled to the edges of the paper, adding corridors and rooms.3. Replace monsters in new areas as well as as those less-frequented old areas where monsters were located and remove sometime previously.4. Reverse directions on the map, carefully relocating ways down to lower levels so as if still correspond to markings below, and do the same for passages upwards.5. Add a passage which continues past the established boundary of the level, creating a split or sub-level which it leads to, complete with new treasure and monsters.
Intellektuelle Bezwingung des Dungeons
Komplizierte, weit verzweigte Dungeons, die sich im Laufe der Zeit auch noch verändern, können das Leben des Kartenzeichners ordentlich erschweren. Viele Spielergruppen ersparen sich daher heute das Kartenzeichnen. Entweder, indem der SL die Karte des Areals (analog oder digital) Schritt für Schritt aufdeckt, oder den Spielern vorgefertigte Karten zur Verfügung stellt. Das erspart viel Arbeit, Fehler sind weitgehend ausgeschlossen. Der Dungeon erscheint den Spielern so, wie vom SL entworfen.
Gleichzeitig geht aber ein Stück weit Expeditionsfeeling verloren. Es fällt die intellektuelle Bezwingung des Dungeons weg, wie The Angry GM es nennt. Denn einen verschlungenen Dungeon, der sich über mehrere Ebenen erstreckt korrekt nachzuzeichen, war eine wesentliche Herausforderung des Spiels. Vom Können des Kartografen hing es ab, ob die Spieler ihre SC bei einer möglichen Flucht über den schnellsten Weg zum Ausgang führen konnten, oder aufgrund falsch eingezeichneter Korridore in einer Sackgasse endeten.
Wie genau muss die Karte sein?
Damit das Zeichnen der Karte nicht mühsam wird, ist es wichtig, sie einfach zu halten. Nicht jedes Detail muss abgebildet werden und auch die Maße der Räume müssen nicht maßstabsgetreu sein.
In Moldvays Basic Rulebook von 1981 erläutert der Autor die Aufgabe des Kartografen:
MAPPING: One player should draw a map of the dungeon as it is explored. This player is called the mapper. Normal movement includes the time spent exploring, measuring and mapping the dungeon.
Und weiter:
Maps are drawn to help players visualize the area their characters are exploring and to provide a record of sections of a dungeon they have already axplored. A good mapper should listen closely to the DM in order to draw a good representation of the dungeon. Is is most important to record proper directions, shape and approximate size, rather then spending a lot of time determining exact measurements and fillings in minute details. It is also a good idea to make brief notes about where traps, monsters, and unusual features are encountered. A map should be simple and easy to read.
Der Mapper sollte demnach Wert legen auf die Ausrichtung der Räume und Korridore, ihre Form und ungefähren Maße. Aber es geht noch einfacher. Als mögliches Vorbild können sogenannte Flussdiagramme dienen. Dabei ist das Ziel nicht ein möglichst genaues Abbild der Karte, wie der SL sie entworfen hat. Im Vordergrund steht dabei viel mehr, die Verbindungen zwischen den Räumen zu beschreiben.
Ein Kästchen stellt einen Raum dar, ein Strich zwischen zwei Kästchen den Korridor, der sie verbindet. Ob dieser Korridor geradlinig oder geschwungen verläuft, ist nebensächlich. Ebenso sind die genauen Maße des Raumes für die Skizze nicht relevant. Gibt es im Raum Besonderheiten, können diese durch kurze Notizen oder Symbole markiert werden.
Wichtig für die Spieler ist zu verstehen, in welchem Teil des Dungeons sie sich gerade aufhalten, wo der blaue Altar oder die seltsame grüne Statue sich befinden und wie sie am schnellsten Weg zum Ausgang zurückkommen.
Ein Kästchen stellt einen Raum dar, ein Strich zwischen zwei Kästchen den Korridor, der sie verbindet. Ob dieser Korridor geradlinig oder geschwungen verläuft, ist nebensächlich. Ebenso sind die genauen Maße des Raumes für die Skizze nicht relevant. Gibt es im Raum Besonderheiten, können diese durch kurze Notizen oder Symbole markiert werden.
Eine Dungeon-Expedition lebt zum wesentlichen Teil von Buchhaltung, einkaufen von Ausrüstung und dem Verbrauch der selben. Das Zeichnen der Karte durch die Spieler kann das Expeditionsfeeling um ein weiteres Element bereichern. Gruppen, die dieser Art des Dungeon-Crawlings etwas abgewinnen können, sollten dem Kartografen eine Chance geben.
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